NACHHALTIGKEITSBERICHT 2019

18 Nachhaltigkeitsbericht 2019 der PHW-Gruppe Alternative Proteinquellen | Interview Marcus Keitzer 1 2. Herr Keitzer, wie kommt ein traditionelles Fleischun- ternehmen dazu, sich im Bereich der alternativen Proteine zu engagieren? Marcus Keitzer: 2050 werden aktuellen Schätzungen zufolge etwa zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben. Der Proteinbedarf wird explodieren. Es ist klar, dass wir den zusätzlichen Bedarf nicht ausschließlich auf Basis der bestehenden Fleischproduktion werden decken können. Daher ist es zwingend notwendig, dass wir unter anderem überzeugende pflanzliche Alterna- tiven auf den Markt bringen. Wir wollen uns zu einem Anbieter hochwertiger Proteinprodukte entwickeln und neben unserem Kerngeschäftsfeld – der klassischen Geflügelfleischerzeugung – das weitere Geschäftsfeld Alternative Proteine aufbauen. Wie bauen Sie dieses neue Geschäftsfeld auf? Marcus Keitzer: Unser strategischer Ansatz basiert hierzu auf vier Säulen: Die erste Säule ist unsere eigene vegane Produktlinie, die wir 2015 auf den Markt gebracht haben. Hier steht für uns beispielsweise die Erbse als Proteinlieferant stark im Vordergrund. Soja dagegen wollen wir in unseren Produkten weitestgehend vermeiden, auch aus Nachhaltigkeitsüberlegungen her- aus. Die zweite Säule basiert auf Vertriebspartnerschaf- ten, die wir in den vergangenen zwei Jahren geschlossen haben und mit deren Hilfe wir den Bereich der pflanzen- basierten Proteine ausbauen möchten. Hierzu zählt bei- spielsweise unsere Vertriebspartnerschaft mit BEYOND MEAT® oder mit Eat JUST, die ein sensationelles pflanz- liches Flüssigei entwickelt haben. Wir bringen in diese Partnerschaften unser starkes Vertriebs-Know-how so- wie unsere jahrzehntelange Expertise des europäischen Marktes ein, damit diese neue Generation pflanzenba- sierter Produkte so schnell wie möglich erfolgreich wird und in der Breite ankommt. Neben den Vertriebspartner- schaften fußt unsere Strategie auf einer dritten Säule: den strategischen Beteiligungen. Hier haben wir uns an den Unternehmen SuperMeat – das Fleisch aus Zellkul- turen herstellt –, Gathered Foods (Good Catch) – ein Unternehmen, das ganz aktuell vegane Fischprodukte in den USA auf den Markt gebracht hat –, Bugfoundation, die Burger auf Insektenbasis herstellen, und Redefine Meat, die ein 3D-Druckverfahren für pflanzenbasierte Produkte entwickeln, beteiligt. Die vierte Säule beinhal- tet die Gründung des Joint Ventures Green Meadows zwischen The Live Kindly Company (ehemals Foods United Inc.) und der PHW-Gruppe. Insgesamt stehen wir sicher noch am Anfang, aber wir haben inzwischen einige Themen – von Alternativen zu Fleisch, Fisch und Eiern bis hin zu Insekten – gut besetzt und werden das in den nächsten Jahren fortsetzen. Dass ein traditioneller Fleischhersteller einen Vorstand für alternative Proteinquellen hat, dürfte ein Novum in der Branche sein. Wie oft müssen Sie Ihren Job erklären? Marcus Keitzer: Sehr häufig! Denn das ist in der Tat ein Novum. Ich kenne zumindest kein anderes europäisches Unternehmen, bei dem das Thema alternative Proteine auf Vorstandsebene verankert ist. Dass das bei uns der Fall ist, macht mich persönlich stolz, weil es zeigt, wie offen wir als Familienunternehmen diesen Dingen gegen- überstehen. Es ist zudem Ausdruck der Ernsthaftigkeit, mit der wir das Thema vorantreiben.

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